We fight for your right to be against us
Demokratie, Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit waren über Jahrzehnte das verbindende Element zwischen Europa und den Vereinigten Staaten – das selbst noch die erste Amtszeit von Präsident Trump überdauerte. Dieses Scharnier erodiert kongruent zu den Maßnahmen der ersten Wochen von Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident, die nicht weniger als die Orbánisierung der Vereinigten Staaten sind.
David Smith erinnerte dieser Tage im Guardian daran, dass Viktor Orbán, der 2010 an die Macht kam, Ungarn als „eine Petrischale für den Illiberalismus“ bezeichnete. Dafür verehrt ihn die MAGA-Bewegung. Der Ex-Trump-Berater Steve Bannon nannte Orbán einen „Trump vor Trump“. Dessen langfristiger Abbau von Institutionen und die Kontrolle der Medien in Ungarn dient als warnende Geschichte darüber, wie scheinbar schrittweise Veränderungen den Weg für Autoritarismus ebnen und wie Demokratien sterben können.
Kevin Roberts, der Leiter des extrem rechten Thinktanks Heritage Foundation, sagte einst: „Modern Hungary ist nicht nur ein Modell für konservative Staatskunst, sondern das Modell.“ Die Heritage Foundation erarbeitete jenes Project 2025, das als rechtsextreme Blaupause für Trumps zweite Amtszeit dienen sollte. Es mag sein, dass Donald Trump und Elon Musk sich nicht an ein solches Drehbuch binden lassen - der tatsächlichen Umsetzung der darin enthaltenen Strategie zur Aushöhlung der us-amerikanischen Checks-and-Balances tut dies keinen Abbruch.
Zu den Verehrern Orbáns gehört auch Vizepräsident JD Vance. Seine Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz (ab 1:12 h), in der er vermeintlich fehlende Meinungsfreiheit in Europas Demokratien beklagte, ist ein Paradebeispiel für die Verdrehung von Tatsachen, die Normalisierung von sogenannten alternativen Fakten durch die Strategie „Flood the floor with shit“.
Mein Entsetzen darüber hält sich in Grenzen, denn warum sollte JD Vance in München anders auftreten als in Washington, Houston oder New York? Trump, Musk, Vance und viele andere repräsentieren die Realität, mit der wir es in Washington, in Budapest aber auch in Bratislava gegenwärtig zu tun haben. Die Internationale der autoritären Populisten steht nicht erst seit dem 20. Januar 2025.
Das Verteidigungsminister Boris Pistorius die Rede von JD Vance nicht unkommentiert ließ, ist gut. Anlass für euphorische Begeisterung besteht hingegen nicht. Pistorius reagierte in seiner Rede (ab: 3:06 h) angemessen und tat das, was man von einem Vertreter der deutschen Bundesregierung erwartet: Souverän erinnerte er den US-amerikanischen Vizepräsidenten daran, was die USA und Europa bislang miteinander verband: Demokratie, Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit in ihrem tatsächlichen Wesenskern. Nicht den gekidnappten Begriffen der MAGA-Bewegung und der weltumspannenden Front illiberaler, autoritärer Populisten.
Um nicht weniger als das, wird es künftig gehen. Zu tun ist hingegen noch wesentlich mehr.